Ende des Jahres gibt sie die Leitung ab; an wen, steht noch nicht fest. Für Monika Röhrkohl aber ist jetzt die richtige Zeit, innezuhalten, zurück und nach vorne zu blicken, Zeit, um danke zu sagen, über den Wert der Zufriedenheit zu sprechen, über einen glücklich machenden Händedruck und Kunden, die auch schon mal mit Radieschen werfen - oder sich mit selbst gebackenem Kuchen bedanken.
Monika Röhrkohls Büro im Schatten von St. Georg ist groß, Schreibtisch, Telefon, Computer, ein Konferenztisch, Rizzi-Poster an den Wänden, ein wuchtiges Lebensbaum-Bild und Fotos ihrer längst dahingegangenen Perser-Katzen; zu Hause streift ihr jetzt ein Pärchen Britischer Kurzhaar-Kätzchen um die Beine. Wenn die Tafel-Chefin hereinkommt, wird es gleich ein bisschen wärmer im Raum, ihr stiller Charme legt sich wie ein Seidenmäntelchen um ihren Gast, der tausend Fragen hat und ohne Umschweife erst mal persönlich wird.
Der Name Röhrkohl lässt vermuten, dass Sie keine Ur-Saerbeckerin sind.
Monika Röhrkohl: Ja, richtig, ich komme mitten aus dem Ruhrgebiet, aus Bottrop; aber das ist nur die halbe Wahrheit, denn meine Familie stammt aus Österreich.
Über den Röhrkohl lernt man übrigens bei Wikipedia Erstaunliches: dass die auch Strand-Dreizack genannte grasartige Pflanze in den häufig durch Meerwasser überfluteten Salzwiesen blüht. Traditionell und auf Grund der Tatsache, dass Röhrkohl auf der Roten Liste der gefährdeten Pflanzenarten zu finden ist, haben lediglich Einheimische das Recht, ihn zu ernten und zu verwerten. Eine besondere Pflanze also, da passt der Name doch auch zu einer besonderen Frau.
Wie sind Sie dann nach Saerbeck gekommen?
Monika Röhrkohl: Über meinen Mann, den ich bei einer Fortbildungin London kennengelernt habe; er ist Münsteraner, und wir suchten damals ein schönes Haus, das wir vor 21 Jahren in Saerbeck gefunden haben. Und ich muss sofort mal betonen, dass wir uns hier sehr wohlfühlen.
Ihr berufliches Leben haben Sie als Pharmazeutisch Technische Assistentin zunächst im Krankenhaus und später für Fresenius im Außendienst verbracht.
Monika Röhrkohl: Ja, aber der Außendienst, der war nichts für mich. Mein Leben war das Krankenhaus, die Begegnung mit den Menschen, ich brauche Menschen um mich herum.
Die haben Sie ja zuhauf hier bei der Tafel, 22 im Team, wenn ich das richtig weiß, unterstützen Sie gut 120 Menschen.
Monika Röhrkohl: Ein großartiges Team, das muss ich unbedingt betonen. Hier herrscht ein ganz ausgezeichnetes Betriebsklima. Hier kann sich jeder auf jeden verlassen, und ich muss da nicht immer die Chefin sein.
Und Ihre Kunden, wie ist das Verhältnis zu denen?
Monika Röhrkohl: Unangespannt, aufrichtig und mitunter auch herzlich. Sie glauben ja gar nicht, wie glückliches es beispielsweise macht, wenn ein muslimischer Mann, der das ja eigentlich gar nicht darf, mir als Frau die Hand gibt. Da lebt er auf, und er strahlt, und ich strahle auch, ja, das sind wirklich beglückende Momente.
Und keine unangenehmen Zwischenfälle? Bei so vielen Menschen eher unwahrscheinlich.
Monika Röhrkohl: Ach nun, da hatten wir mal einen, der mit Radieschen nach uns warf oder diese Frau vom Stamme Nimm! Aber das sind Ausnahmen. Andererseits gibt es auch die Kunden, die sich bei uns bedanken, die mal einen selbst gebackenen süßen Kuchen oder eine Tafel Schokolade vorbeibringen. Diese Herzlichkeit, diese Zufriedenheit, zu wissen, dass man den Menschen Gutes tut, das ist der Lohn für unser ehrenamtliches Engagement.
Das Sie jetzt aus der Hand geben wollen.
Monika Röhrkohl: Ganz stimmt das so nicht. Ich möchte nur die Verantwortung abgeben, den Telefondienst, den Schlüsselbund. Gerne bringe ich mich auch weiterhin hier ein, aber den Chef soll bitte mal ein anderer machen.
Und Sie haben dann mehr Zeit für sich und Ihr Steckenpferd, das ja eher nach Chrom und Motoröl riecht.
Monika Röhrkohl: Hach ja, die Oldtimer. Ich hatte ja mal einen roten TR 6, und mein Mann fährt einen inzwischen 27 Jahre alten Morgan plus 8, ein wunderbares Auto, das heute noch so aussieht wie gerade neu gebaut. Und dann fahren wir, wenn es geht, jedes Jahr zum Oldtimer-Grand-Prix auf dem Nürburgring; was man da für schöne Autos sieht!
Kommen wir zurück nach Saerbeck und zur Tafel, die eine neue Leitung sucht.
Monika Röhrkohl: Ja, und auch dringend braucht.
Was muss er oder sie denn mitbringen?
Monika Röhrkohl: Wer hier mitarbeiten möchte, der muss die Menschen mögen. Und wenn er sie so mag, wie ich das von mir behaupten kann, dann bekommt er von ihnen viel wieder zurück.