Was das Herz des viel zu früh verstorbenen Pfarrers von St. Josef erfreut hätte, stellte der Erste Vorsitzende des Caritasrates für den Verband Emsdetten Greven gemeinsam mit der Sozialstiftung NRW vor. Denn dass nach vielen Jahren der Planung auf dem Areal des ehemaligen Pfarrhauses am Perrediek nun ein Vorzeige-Wohnprojekt für Menschen mit einer psychischen Erkrankung und für Wohnungslose realisiert werden kann, liegt maßgeblich an der Förderung der parlamentarischen Stiftung.
Seit rund zehn Jahren gibt es Planungen für das Areal zwischen dem Familienzentrum und der Josephskirche. Zwischenzeitlich hatte sich ein Architekt das Gelände für Wohnbau gesichert, dann sollten Seniorenwohnungen entstehen, zwischenzeitlich wurde es schulisch und für Gemeindezwecke genutzt, mittlerweile "musste es gesichert werden, weil hier Personen unbefugt übernachtet hatten", schaut Böing zurück.
Noch gehört es der Kirchengemeinde St. Pankratius, der Verkauf an den Caritasverband schweint aber nur noch Formsache. "Das Bistum hat bereits zugestimmt", erklärt Klaus Wilp, seit Januar neben Doris Abeler hauptamtlicher Vorstand beim Caritasverband als Nachfolger von Bernward Stelljes. Auch die NRW-Bank habe bereits die mündliche Zusage erteilt.
Denn zu der Konzeption - zur Nutzung für soziale Zwecke und obendrein als Quartiers-Treffpunkt - kann eigentlich niemand Nein sagen. Entstehen soll rund um die markante Blutbuche ein L-förmiger Baukörper mit elf Single-Wohnungen für psychisch erkrankte Menschen sowie vier Wohnungen im Rahmen des Projektes "Housing First". Die sind für Wohnungslose gedacht, die soweit stabil sind, dass sie den Sprung von der Straße in die eigenen Wohnung und das selbstständige Leben packen. Hinzu kommen ein 100 Quadratmeter großer Bereich mit zwei Räumen. Gedacht nicht nur für das Projekt selbst, sondern als Treffpunkt für das Josefsviertel. "Die Konzeption soll im Quartier gemeinsam mit den Akteuren entwickelt werden", kündigt Constanze Lutz an, Leiterin des Fachbereichs "Hilfen für Suchtkranke und psychisch kranke Menschen".
"Im sozialen Bereich wird es insgesamt nicht einfacher, solche Projekte neu anzufassen", blickt Berthold Böing im Gespräch mit der EV auf die vielen Herausforderungen der jüngeren Vergangenheit. Zumal Baupreise, Kapazitäten, Beschaffungsengpässe und gestiegene Zinsen insbesondere gemeinnützigen Bauherren nicht gerade in die Karten spielten, wie Klaus Wilp ergänzt. Und der muss es wissen - schließlich hat er viele Jahre unter anderem das Immobiliengeschäft der Verbundsparkasse Emsdetten Ochtrup verantwortet.
Umso erfreuter waren die Caritas-Verantwortlichen über den Besuch aus Düsseldorf in dieser Woche: Marco Schmitz schaute an der Bachstraße dabei, mit im Gepäck einen symbolischen Scheck. Denn der Düsseldorfer - in der Landeshauptstadt selbst im Caritasrat aktiv - ist nicht nur Landtagsabgeordneter der CDU, er ist Vorsitzender der bereits erwähnten Sozialstiftung NRW. Diese wurde vor 50 Jahren als Parlamentsstiftung gegründet. Die Idee: Einen Teil der Erlöse von Spielcasinos, für die Mitte der 70er-Jahre wieder Lizenzen vergeben wurden, für soziale Zwecke abschöpfen.
25 Millionen Euro fließen jährlich aus den Erlösen der NRW-Spielbanken in den Stiftungstopf, über 8000 Vorhaben mit einer Fördersumme von einer Milliarde Euro wurden so unterstützt.
323100 Euro fließen nun nach Emsdetten. Damit ist der Erwerb des 1700 Quadratmeter großen Grundstücks für das Projekt zur Hälfte gesichert, erzählt Klaus Wilp. Und weitere rund 300000 Euro seien für die Einrichtung des Wohnprojektes in Aussicht gestellt.
Mit zu verdanken ist dies auch der CDU-Landtagsabgeordneten Andrea Stullich. Die ist nicht nur Sitznachbarin von Marco Schmitz im Plenarsaal, "sie hat sehr geworben und gekämpft für die Unterstützung dieses Projektes", macht Schmitz klar.
Warum ein solches Konzept so wichtig ist, verdeutlicht Constanze Lutz: "Auf dem ohnehin angespannten Wohnungsmarkt haben psychisch Erkrankte und erst Recht Wohnungslose keine Chance", erzählt sie. "Wer keinen festen Wohnsitz hat, bekommt kein Konto, hat keine Postadresse - die Straße ist sehr hart", weiß Marco Schmitz als Sozialpolitiker und aus seiner ehrenamtlichen Arbeit. Umso wichtiger sei es, dass die Caritas hier eine Vorbildfunktion übernehme, so auch Vermieter ermutige, "mittlerweile stabilen Wohnungslosen, die peu à peu wohnfähig wurden, eine Chance zu geben". Wichtig sei vor diesem Hintergrund auch die Integration in die Gesellschaft: Die psychisch erkrankten und wohnungslosen Menschen sollen "mit allen Bürgerinnen und Bürgern in Kontakt kommen und besser am öffentlichen Leben und der guten Infrastruktur des Ortes teilnehmen können".
Der Caritasverband Emsdetten Greven sei der Sozialstiftung NRW "extrem dankbar", resümierte Klaus Wilp nach einem fruchtbaren Austausch. Denn die Förderung sei der entscheidende Schritt gewesen, das Projekt tatsächlich umzusetzen. "Wenn wir den Zuschuss nicht bekommen hätten, wäre eine Realisierung für die Caritas wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen gewesen", findet der hauptamtliche Caritas-Vorstand klare Worte.
Wenn der Grundstückskauf jetzt wir geplant über die Bühne gehe, Ausschreibungen und Bau planmäßig verliefen, könnten im Herbst 2026 die ersten Bewohner einziehen. "Bei dem Neubau nehmen wir viel Rücksicht, sowohl auf den Baumbestand als auch auf die gewachsenen Strukturen vor Ort. Wir sehen das als Grundlage für die gelungene Integration eines sozialen Wohnprojekts in eine bestehende, lebendige Nachbarschaft", so Klaus Wilp.
Anwohner haben sich bei der EV mit der Sorge gemeldet, auf dem Areal könnten umfangreiche Abholzungen stattfinden. Die für das Projekt nötige Bebauungsplanänderung hatte die Politik bereits Ende 2021 einstimmig beschlossen. Das Bauvorhaben wurde als "klimaneutral" eingestuft. Zum Grünbestand heißt es im Beschluss: "Die auf dem Grundstück vorhandenen Bäume sollen in die Planung integriert und erhalten werden. Sollten dennoch Bäume entfernt werden müssen, werden Ersatzpflanzungen auf dem Grundstück vorgenommen." Das betrifft Bäume im Bereich der geplanten Stellplätze.